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Erfolg vor dem Obersten Gerichtshof I

ogh schmelzNichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten in mehreren Punkten durchgedrungen

In seiner Entscheidung vom 19. Juni 2018 zu 11 Os 53/18f folgte der Oberste Gerichtshof (OGH) in einzelnen Punkten dem Rechtsmittelantrag des in erster Instanz verurteilten Revisionswerbers. Das angefochtene Urteil wurde in drei Spruchpunkten aufgehoben, im Übrigen bestätigt. Der OGH entschied in den betreffenden Punkten neu und nahm eine Strafneubemessung vor.

Der Revisionswerber wurde von RA Mag. Dorian Schmelz, Partner der Schmelz Rechtsanwälte OG, vertreten.

Ermächtigung zur Strafverfolgung

Im Anlassfall wurde unser Mandant nach § 109 Abs 1 StGB (Hausfriedensbruch) verurteilt. Bei Tatbegehung wurde der Verurteilte von einem Opfer auf frischer Tat betreten, woraufhin das Opfer die Sicherheitsbehörden herbeirief und diesen gegenüber Strafanzeige erstattete. In weiterer Folge erteilte das Opfer keine gesonderte Ermächtigung zur Strafverfolgung des Verurteilten.

Eine derartige Fallkonstellation steht einer Verurteilung des Täters entgegen. § 109 StGB zählt nämlich zur Fallgruppe der Ermächtigungsdelikte. Ein vom Opfer getätigter Hilferuf an die Sicherheitsbehörden und Anzeigeerstattung bei der Polizei stellen noch keine Ermächtigung des Opfers zur weiteren Strafverfolgung und Anklage durch die Staatsanwaltschaft dar.

Einheitliche Verurteilung einer tatbestandlichen Handlungseinheit

Ferner wurde unser Mandant aufgrund zweier in enger zeitlicher und räumlicher Nähe gesetzter Angriffe gegen die körperliche Integrität dritter Personen gesondert verurteilt. In einem Fall zu Unrecht, wie wir den OGH in Anbetracht der ständigen Rechtsprechung überzeugen konnten:

Soweit in früherer Rechtsprechung unter dem Begriff des „fortgesetzten Delikts" (nach Maßgabe zuweilen geforderter, indes uneinheitlich gehandhabter weiterer Erfordernisse) mehrere den gleichen Tatbestand erfüllende, mit einem „Gesamtvorsatz" begangene Handlungen zu einer dem Gesetz nicht bekannten rechtlichen Handlungseinheit mit der Konsequenz zusammengefasst wurden, dass durch die je für sich selbständigen gleichartigen Straftaten doch nur eine einzige strafbare Handlung begründet würde, hat der OGH diese Rechtsfigur der Sache nach bereits im Jahr 1986 aufgegeben. Seither reduziert er deren Bedeutung auf den unverzichtbaren Kernbereich der der Rechtsfigur zugrunde liegenden Vorstellung, den er als tatbestandliche Handlungseinheit bezeichnet. In der Anerkennung des Fortsetzungszusammenhangs bloß nach Maßgabe tatbestandlicher Handlungseinheiten liegt gezielte Ablehnung einer absoluten Sicht des fortgesetzten Delikts und ein Bekenntnis zur deliktsspezifischen Konzeption. Denn der Unterschied zwischen der Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts und der tatbestandlichen Handlungseinheit besteht darin, dass die Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts aus dem allgemeinen Teil des materiellen Strafrechts abgeleitet wird, die der tatbestandlichen Handlungseinheit aber gleichartige Handlungen nach Maßgabe einzelner Tatbestände zusammenfasst. Die Kriterien einer Zusammenfassung können demnach durchaus deliktsspezifisch verschieden sein, ohne dass daraus das ganze Strafrechtssystem erfassende Widersprüche auftreten. Von einer tatbestandlichen Handlungseinheit spricht man bei einfacher Tatbestandsverwirklichung, also der Erfüllung der Mindestvoraussetzungen des gesetzlichen Tatbestands, insbesondere bei mehraktigen Delikten und Dauerdelikten und dort, wo es nur um die Intensität der einheitlichen Tatausführung geht, demnach bei wiederholter Verwirklichung des gleichen Tatbestands in kurzer zeitlicher Abfolge, also bei nur quantitativer Steigerung (einheitliches Unrecht) und einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), auch wenn höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Träger verletzt werden, sowie bei fortlaufender Tatbestandsverwirklichung, also der Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage, etwa beim Übergang vom Versuch zur Vollendung oder bei einem Einbruchsdiebstahl in zwei Etappen (RIS-Justiz RS0122006).

Anrechung der Vorhaft

Da sich der Verurteilte bereits in Haft befand, wurde deren Anrechnung entscheidungserheblich. Dem Obersten Gerichtshof zufolge ist die Vorhaft auch dann, wenn das Höchstgericht die Strafe neu bemisst, nur bis zum Urteil I. Instanz anzurechnen. Die zeitlich anschließende Haft ist nach § 400 StPO anzurechnen.

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